Selbstverteidigung für Frauen
Da bin ich hilflos, dachte ich oft. Nun weiß ich mich zu wehren!

Eva Meschede, Text-Ressortleitung von der Redaktion freundin war zu Besuch in unserer Münchner Akademie und wollte schon mal genau wissen, wie sie sich in brenzlichen Situationen verhalten soll, und buchte unseren Crash-Kurs Selbstverteidigung für Frauen.

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe 23/2018 vom 17.10.2018 (Seite 54/55) und gibt es im Online-Shop zu kaufen.


Hier der Artikel:

Am Ende dürfen wir dann mal richtig loslegen. Die Musik wird voll aufgedreht: „Ich will. Ich will.Ich will“. von Rammstein martialisch durch das Trainingsstudio. Und wir schlage zu. Ich haue mit der flachen Hand auf die Ohren des Mannes, bohre spitze Finger in seine bösen glotzenden Auge, boxe ihn seitlich in den Hals und ziehe mit mein Knie mit Wut hoch zwischen seine Beine.

Gezielte Aktionen, die weh tun. Jeder von uns darf das an einem Gummi-Dummys machen. Zeigen, was sie gelernt hat. Und mal so richtig die Wut rauszulassen. Einige von uns bringen sogar die schwere, sehr standfeste Puppe zu Fall.

Crash-Kurs in Selbstverteidigung. Außer mir wollen elf Frauen zwischen 18 und 60 Jahren in dreieinhalb Stunden lernen, sich zu wehren.

Trainer Andreas Ertl trägt ein T-Shirt mit roter Schulter, Zeichen, dass er in einem hohen Grad der chinesischen Kampfkunst Wing Tsun unterwegs ist. Es ist die Kunst, einen Angriff rechtzeitig vorauszusehen und früh abzuwehren, möglichst schon Blicken, Gesten, Körperhaltung. Andreas sagt deshalb zur Einleitung, dass Achtsamkeit vor einem Angriff wirksamer sei als Hauen und Würgen im Stress. Zuerst aber sollen die Teilnehmerinnen erzählen, warum sie gekommen sind. Den meisten Frauen geht es wie mir, sie sind unsicher, wenn ihnen nachts ein Mann entgegen kommt. ich erzähle, dass manchmal die Spitzen meiner Haustürschlüssel zwischen die Finger stecke. Zum Glück musste ich die Wirkung noch nie überprüfen, denn ich bezweifle, dass ich kräftig genug zuschlagen kann.

Einige von uns haben tatsächlich schon Gewalt erfahren, wurden im Hausgang überfallen, am helllichten Tag im Park bedrängt, bei jeder Gelegenheit vom Arbeitskollegen betatscht. Die Jüngste sagt: „Ich bin schüchtern.“ Sie könne nicht gut Nein sagen, gerade immer wieder in Situationen, in denen Männer ihr unerwünscht nahe kämen. Sie fühlt sich schuldig, habe ständig Angst.

Schuld, das ist dem Trainer wichtig, haben wir Frauen niemals. Aber die Täter suchen sich ihre Opfer aus, checken sie unbewusst auf Unsicherheit. Schon Körperhaltung, strenger Blick können so einen Typen fernhalten. „Frauen“, sagt Andreas, „lächeln viel zu lange.“ Wir üben böse Blicke, standhafte Haltung.

Ich bin überrascht, wie  abweisend meine Mitschülerinnen gucken können. Wir zeigen einem Angreifer kampfbereit die Handflächen. Wir brüllen: „Hau ab!“, „Verpiss dich!“ Wir wischen die Hände von Schulter-Grabschern entschlossen weg. Wir erfahren, wie wir Hilfe holen, wenn mal wieder alle wegschauen.  Gezielt ansprechen: „Sie in dem blauen Pulli, können Sie mir bitte helfen?“ Und wir wir trainieren den Ernstfall, mit Handpratzen; zu zweit, eine hält die Polter, die andere schlägt zu.

Ein Selbstverteidigungssystem habe von Natur aus jeder Mensch, sagt Andreas. Man müsse es nur freilegen. Damit sind wir heute wirklich ein Stück vorangekommen.

Selbstverteidigung-Crash-Kurs in der Münchner EWTO-Trainerakademie, ewto-muenchen.de

Andreas Ertl